Wie ESG die Kapitalkosten optimiert
Nachhaltigkeit in Corporate Finance
Wie viel Rendite auf das eingesetzte Kapital ein Unternehmen erzielt und wie viel es zugleich für Eigenkapital und Fremdkapital berappen muss, ist für Unternehmer und Manager ein wichtiger Aspekt. Denn reicht die Rendite nicht aus, um mindestens die Kapitalkosten zu decken, arbeitet das Unternehmen wertvernichtend. Nachhaltigkeit kann dabei helfen, die Kosten für Fremdkapital zu reduzieren.
Nachhaltigkeit spielt mittlerweile für die meisten Unternehmen auch in ihrer Finanzierung eine Rolle. Sowohl bei großen Kapitalmarkttransaktionen (z.B. Anleihe-Emission) als auch bei der Aufnahme von Krediten setzen – auch aufgrund regulatorischer Erfordernisse – Banken und Investoren es voraus, dass Unternehmen finanzielle Kennzahlen in punkto Umwelt, Soziales und Unternehmensführung („Environmental Social Governance“ / ESG) wiederkehrend berichten können.
Messung von Nachhaltigkeit
Typische ESG-Kennzahlen, die in Krediten oder Anleihen berücksichtigt werden, umfassen unter anderem die Treibhausgasemissionen (CO2-Fußabdruck), den Energieverbrauch, den Wasserverbrauch und die Abfallproduktion eines Unternehmens. Darüber hinaus spielen auch soziale Kennzahlen wie die Diversität und Inklusion der Belegschaft, die Arbeitsbedingungen und das Engagement in der Gemeinschaft eine wichtige Rolle. Governance-Kennzahlen beinhalten Aspekte wie die Unabhängigkeit des Vorstands, die Transparenz der Unternehmensführung und die Einhaltung ethischer Geschäftspraktiken. Im Kreditmarkt werden üblicherweise zwei bis drei ESG-Kennzahlen verwendet.
Günstigere Konditionen für Kredite und Anleihen
Ungeachtet politischer Entwicklungen bleibt ESG in der Unternehmensfinanzierung relevant. Denn verschiedene Studien zeigen, dass Unternehmen mit besseren Nachhaltigkeitskennzahlen geringere Kapitalkosten verzeichnen. Kurzum: sie kommen günstiger an Kapital, müssen weniger Zinsen für Kredite oder Anleihen bezahlen. So haben u.a. die NYU Stern School of Business und Chava herausgefunden, dass nachhaltige Unternehmen relativ günstigere Zinskonditionen erhalten oder auch von niedrigeren Kredit- und Kreditausfall-Spreads profitieren. Die Differenz soll demnach etwa 20 Prozent mit Blick auf Zinssätze für Kredite betragen.
Vereinbarung von ESG Covenants
Praktisch funktioniert dies so, dass bei Aufnahme von Verbindlichkeiten vereinbart wird, welche Kennzahlen („ESG Covenants“) das Unternehmen einzuhalten hat. Bei der Emission eines € 250 Mio. Schuldscheindarlehens von Branicks (vormals DIC Asset) im Jahr 2021 war z.B. der Anteil der „Green Buildings“ am Immobilienportfolio relevant; das Ziel: den Anteil bis zum Jahr 2023 auf >20% zu erhöhen von damals 11,6%. Bei Zielerreichung sollte der Zins um 5 Basispunkte sinken, wenn der Anteil bei 15-20% liegt, sich nicht verändern und bei einem Anteil von weniger als 15% sollte der Zins um 5 Basispunkte steigen.
Gesamter Kreditmarkt setzt ESG voraus
Eine Auswertung der Commerzbank für den Zeitraum von 2020 bis 2023 hat ergeben, dass im Markt für Konsortialkredite sämtliche Transaktionen mindestens eine Kennzahl mit Umweltbezug hatten. Etwa 77% der Transaktionen waren mit einer CO2-Kennzahl ausgestattet. Festgestellt wurde auch, dass Kennzahlen mit sozialem Bezug im Kreditmarkt häufiger anzutreffen waren als im Anleihemarkt. Etwas weniger relevant (12%) ist Nachhaltigkeit in der Lieferkette (z.B. CO2, ESG-Ratings, Einkauf von Rohstoffen und Vorprodukten aus biologischem Anbau). Selten zu sehen im Markt sind bisher Kennzahlen zu Biodiversität und der EU-Taxonomie; dies dürfte aber künftig an Bedeutung gewinnen, schätzen die Commerzbank-Experten.
Maßnahmen zur CO2-Reduktion
Vor diesem Hintergrund kommt die Notwendigkeit für nachhaltige Geschäftspraktiken und deren wiederkehrende Messbarkeit anhand von Kennzahlen auch aus der Corporate Finance Sphäre. Für Unternehmer und Manager sollten daher organisieren, dass sich Finance und Operations eng vernetzen – um durch gezielte Investitionen in Dekarbonisierung einen positiven Effekt auf die Kapitalkosten zu erzielen. Ein wesentlicher Aspekt zur Verbesserung des ESG-Ratings ist die Reduzierung der CO2-Emissionen z.B. durch
1.) Energieeffizienz optimieren
– Umstellung auf LED-Beleuchtung
– Nutzung energieeffizienter Maschinen
– Automatisierung und intelligente Steuerungssysteme
2.) Erneuerbare Energien einsetzen
– Installation von Photovoltaikanlagen
– Einkauf von Grünstrom
– Nutzung von Geothermie oder Biomasse
3.) Nachhaltige Mobilität fördern
– Umstieg auf E-Fahrzeuge
– Fahrrad- und ÖPNV-Förderung
– Reduzierung von Geschäftsreisen durch digitale Meetings
4.) CO2-Kompensation und Kreislaufwirtschaft fördern
– Aufforstungsprojekte unterstützen
– Recycling und Ressourcenschonung
– Effiziente Abfallwirtschaft
Energieeinsparungen in Gebäuden: Schlüssel zur Nachhaltigkeit
Vor allem Gebäude sind für einen erheblichen Anteil des Energieverbrauchs von Unternehmen verantwortlich. Die Optimierung der Gebäudeeffizienz kann signifikante CO2-Einsparungen bringen. Wichtige Maßnahmen umfassen:
- Dämmung und Isolierung: Eine bessere Gebäudedämmung reduziert den Energiebedarf für Heizung und Kühlung.
- Smarte Heizungs-, Lüftungs- und Klimasysteme (HVAC): Automatisierte Steuerungen und moderne Umwälzpumpen helfen, den Stromverbrauch zu minimieren.
- Beleuchtung optimieren: Bewegungssensoren und LED-Technologie können bis zu 80% der Energiekosten sparen.
- Energiespeicherung nutzen: Batterien und andere Speichertechnologien helfen, erneuerbare Energien effizienter zu nutzen.
- Gründächer und Fassadenbegrünung: Diese verbessern die Wärmeisolierung und können zur Luftreinhaltung beitragen.
Die Verbesserung des ESG-Ratings und die Reduzierung der CO2-Emissionen sind für Unternehmen von entscheidender Bedeutung, um besseren Zugang zu Kapital zu erhalten, finanzielle Vorteile mit Blick auf Kredite oder Anleihen zu erzielen und gleichzeitig einen positiven Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Energieeinsparungen in Gebäuden spielen dabei eine zentrale Rolle. Mit den richtigen Maßnahmen können Unternehmen ihre ESG-Performance verbessern, Kosten senken und ihre Resilienz gegenüber Marktschwankungen erhöhen.