Das digitale Auge für die Luftfracht

Wie Künstliche Intelligenz in der Logistik eingesetzt wird

Wenn Luftfracht transportiert wird, kommt es auf Zentimeter an. Um den limitierten Platz optimal auszunutzen, müssen Frachtpaletten so gestapelt werden, dass sie die Kontur des Flugzeugs möglichst exakt nachbilden – bisher mit menschlichem Augenmaß. Nun sorgt Künstliche Intelligenz (KI) dafür, dass Frachtflieger passgenau beladen werden. Das spart Zeit und Geld und schont die Nerven.

Geschäftiges Treiben herrscht im Luftfracht-Terminal des Frankfurter Flughafens. In der riesigen Lagerhalle huschen Gabelstapler und kleine Schlepper mit Anhängern über farblich markierte Wege. Auf etwa fünf Metern Höhe gleiten in kurzen Abständen unbemannte Metallboxen auf Schienen dahin, beladen mit Paketen. Nach und nach treffen Frachtstücke an einem markierten Platz in der Halle ein, auf dem sich drei Männer mit gelber Warnweste um eine 244 mal 318 Zentimeter große Flugzeugpalette versammelt haben. Daneben steht Benjamin Looser mit einem Tablet in der Hand und demonstriert, was nun passiert.

Virtuelle Hülle wird in Echtzeit befüllt

„Dieses Display zeigt eine virtuelle Hülle an. Wenn die Mitarbeiter nun die Palette mit Fracht auf bis zu drei Meter Höhe von Hand beladen, können sie in Echtzeit sehen, ob die von der IATA vorgegebenen Standardmaße eingehalten werden und wo noch Platz ist. Werden die vorgegebenen Grenzen überschritten, so färbt das Display die Stelle rot und die Mitarbeiter können zum Beispiel einzelne Pakete verschieben oder wieder entfernen“, so Looser, Geschäftsführer bei FIEGE Air Cargo Logistics. Dass die maximalen Abmessungen auf einer Flugzeugpalette eingehalten werden, ist wichtig. „Wenn es nicht passt, wird die Palette wieder aus dem Frachtflugzeug ausgeladen und muss am Boden bleiben. Das kann für unseren Kunden schnell einen hohen Umsatzverlust bedeuten. Wird dagegen zuviel Luft gelassen, vergeudet man kostbaren Platz.“

Menschliches Augenmaß und Handwerk

In der Vergangenheit wurden individuell beladene Paletten – auch „gebaute Konturen“ genannt und damit das Gegenstück zu den unflexiblen Metallcontainern mit standardisierter Schräge – mithilfe eines so genannten Konturstabs vermessen. Mitarbeiter legten die meterlange gebogene Schablone in Form der Flugzeugkontur über die beladene Palette und prüften mit Augenmaß. „Die Palette so zu beladen, dass sie optimal ins Flugzeug passt, ist im Grunde ein Handwerk. Erfahrene Kollegen kriegen das hin, für Anfänger hingegen ist es schon eine Herausforderung“, so Looser.

Build Up Eye vermisst mit LiDAR-Kameras

Um dieses Handwerk weniger fehleranfällig zu machen und das Optimum an Platznutzung herauszuholen, kommt nun das digitale Assistenzsystem „Build Up Eye“ zum Einsatz. Fiege hat es zusammen mit der Deutschen Telekom entwickelt. Mithilfe von zwei LiDAR-Kameras und deren Lasertechnik vermisst die Software die Flugzeugpalette dreidimensional am Packplatz. Während die Mitarbeiter die Palette beladen, können sie auf dem Display anhand einer virtuellen Schablone in Echtzeit verfolgen, ob die simulierten Konturen eingehalten werden. Möglich wird dies durch die Software „AI-Vision“, eine KI-gestützte Bild- und Videoanalyseplattform der Deutschen Telekom.

KI ermöglicht Konzentration auf andere Aufgaben

„Für uns spielt diese Lösung neben verbesserter Qualität und Auslastung auch in punkto Incentivierung eine Rolle. Wir können nun objektiv nachhalten, welche Mitarbeiter optimal Paletten beladen und dafür einen Leistungsbonus gewähren. Zugleich ermöglicht es diese Technologie, dass sich unsere Mitarbeiter noch mehr als bisher auf die Einhaltung der zahlreichen Vorgaben konzentrieren können“, erläutert Looser. Denn Flugzeugvorschriften, Ländervorschriften oder Zusammenladbarkeit machen die Tätigkeit ohnehin komplex, so dass „Build Up Eye“ entlastend wirkt.

Internationale Expansion im Blick

FIEGE ist mit rund 1.000 Mitarbeitern der größte Ground Handling Dienstleister am Frankfurter Flughafen. Das weltweit bisher einzigartige Assistenzsystem soll in den kommenden Monaten ausgebaut werden und könnte künftig auch an anderen internationalen Frachtflughäfen sowie für Speditionen zum Einsatz kommen, die ihre limitierten Ladekapazitäten optimal auslasten möchten.

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