Reich an Ressourcen und Chancen

Was Indonesien für internationale Firmen attraktiv macht

Im Zeichen von Handelskonflikten suchen Unternehmer und Manager nach neuen wachstumsstarken Märkten. Dabei gerät Südostasien und hierbei vor allem Indonesien in den Blickpunkt. Mit mehr als 283 Millionen Einwohnern und Bedarf an Technologie ist der größte Inselstaat der Welt für ausländische Unternehmen attraktiv. Zugleich sollte ein Markteintritt auch aus regulatorischen Gründen sorgfältig vorbereitet werden.

Über eine doppelstöckige Autobahn geht es in den Norden von Jakarta. Dichter Verkehr herrscht am Nachmittag, als Rainer Ruppel zu einer Produktionsstätte gefahren wird. Lastwagen mit Seecontainern auf dem Weg zum Hafen reihen sich hintereinander wie an einer Perlenschnur. „In Infrastruktur wird hier massiv investiert. Autobahnen, Schienennetz im Nah- und Fernverkehr, Logistik – es gibt hier enormen Nachholbedarf”, sagt Ruppel und schaut nach links, wo gerade ein Hochgeschwindigkeitszug vorbeirauscht. „Bisher sehe ich in Projekten überwiegend Unternehmen aus China, Japan und Südkorea. Dabei bietet der Markt großes Potenzial für Firmen auch aus anderen Regionen der Welt.”

Aufsteigende Mittelschicht

Ruppel ist im Aufsichtsrat der Deutsch-Indonesischen Industrie- und Handelskammer (EKONID). Zugleich leitet er seit 2018 die Geschäfte eines Mittelständlers in Indonesien und hat das Land schätzengelernt. „Unternehmen treffen hier auf eine mit durchschnittlich 30 Jahren junge Bevölkerung, davon mehr als 100 Millionen Menschen in einer aufsteigenden Mittelschicht mit viel unausgeschöpftem Potenzial in verschiedensten Bereichen. Zugleich liegt das jährliche Wirtschaftswachstum seit Jahren stabil bei mehr als 5 Prozent“, so Ruppel. Im B2C-Bereich seien Marken-Konsumgüter und Luxusartikel gefragt. Zwar habe die Mittelschicht auch in Indonesien mit steigender Inflation zu kämpfen. Aber sowohl dort als auch in der reichen Oberschicht der Bevölkerung gebe es nach seiner Wahrnehmung starke Nachfrage nach bekannten Marken.

Rohstoffe als Basis des Wachstums

Der wirtschaftliche Aufstieg des Landes beruht auf dem Rohstoffexport. Indonesien verfügt über die größten Nickelreserven der Welt. Etwa ein Fünftel der globalen Vorkommen werden dort verortet. Daneben ist reichlich Gold, Kupfer, Bauxit und Zinn vorhanden. Zudem verfügt man über erkleckliche Kohlevorkommen, Erdgas und Erdölreserven. Viele Jahre wurde Nickelerz als Rohstoff nach China expediert. Seit dem Exportverbot im Jahr 2020 hat Indonesien eigene Nickelschmelzen aufgebaut, um das Endprodukt für die Produktion von Edelstahl selbst herzustellen. Dieser Ansatz spiegelt sich auch in dem bereits aus China bekannten Prinzip der lokalen Wertschöpfung („local content”) in anderen Branchen wider.

Regierung drängt auf Local Content

Das hat Apple leidlich erfahren müssen, als die Regierung im Jahr 2024 ein Verkaufsverbot für das iPhone 16 verfügte und darauf rekurrierte, dass in Indonesien veräußerte Smartphones zu mindestens 40 Prozent aus lokaler Manufaktur stammen müssten. Während Anbieter wie Samsung längst vor Ort fertigten, importierte Apple noch. Die erste Offerte des US-Konzerns über eine Investition von 100 Millionen US-Dollar lehnten die Behörden ab. Nach zähen Verhandlungen und Apples Zusage für eine Produktionsstätte auf der indonesischen Insel Batam – mit einem kolportierten Investitionsvolumen von etwa einer Milliarde US-Dollar – konnte das Verkaufsverbot beseitigt werden. Ähnlich läuft es im öffentlichen Beschaffungsmarkt: wenn Behörden oder staatliche Unternehmen einkaufen, müssen alle Artikel in einem E-Procurement-System gelistet sein – vom Toilettenpapier bis zum Roboter. Sobald ein indonesischer Anbieter ein vergleichbares Produkt herstellt, kann ein Importeur nicht mehr an die öffentliche Hand verkaufen. Auf diese Weise wird zu lokalen Investitionen ermuntert.

Diversifikation bietet Gelegenheiten

Wo Rohstoffe sind, ist Geld für Diversifikation. Die etwa 300 wohlhabendsten Familien des Landes sind reich geworden mit Land und Rohstoffen – nun investieren sie in anderen Bereichen. Dabei spielt Geld eine untergeordnete Rolle, wie zu hören ist. Es braucht Geschäftsideen und Technologien. Investiert wird opportunistisch – von Nahrungsmittelproduktion über Konsumgüter und Tourismus bis hin zu Unterhaltung und Pharma. Auch an erneuerbaren Energien besteht trotz karbonzentrierter Wirtschaft zunehmendes Interesse,  einige internationale Wind- und Solarenergie-Konzerne sind bereits vor Ort aktiv. Denn auch Indonesiens Rohstoffe sind endlich. Dies bietet Gelegenheiten für internationale Unternehmen.

Logistik-Expertise gefragt

Weitere Optionen bieten sich in punkto Logistik. Die Kosten für Transport und Distribution sind hoch in Indonesien. Denn von den 17.508 Inseln müssen 6.044 bewohnte Eilande laufend versorgt werden. Für internationale Logistiker mit Erfahrung in komplexen Märkten und intelligenten Warenwirtschaftssystemen ergeben sich mithin interessante Perspektiven. Dies gilt neben Nahrungsmitteln und Pharma auch für industrielle Produkte. Ein möglicher Startpunkt kann der Großraum Jakarta mit seinen 35 Millionen Einwohnern sein.

Hohes Cash-Investment bei Gründung

Wer den Markteinstieg in Indonesien anstrebt, trifft auf großes Interesse lokaler Partner an Kooperationen. Ob ein Joint Venture oder die Gründung eines Unternehmens sinnvoll ist, hängt vom Geschäftsmodell ab. Geht es um Import und Vertrieb von Produkten, starten die meisten ausländischen Unternehmen mit einem lokalen Distributor. Geht es um Dienstleistungen oder lokale Produktion, ist eine eigene juristische Person das Mittel der Wahl. Dazu steht als einzige Rechtsform die sog. PT PMA bereit – und erfordert signifikantes Eigenkapital: „Mindestens 10 Milliarden IDR, umgerechnet ca. 560.000 EUR oder 612.000 USD, müssen anfangs als Stammkapital aufgebracht werden. Das Kapital kann aber für operative Zwecke verbraucht werden“, erläutert Freddy Karyadi, Anwalt in Jakarta. Bis auf das Stammkapital ist keine Mindestinvestition erforderlich, um die behördliche Lizenz zur Aufnahme des Geschäftsbetriebs zu erlangen. Für eine solche Lizenz müsse ein Business Plan erstellt und mithilfe von Beratern anhand einer behördlichen Liste geklärt werden, welcher Kategorie die Geschäfte zuzuordnen sind. Je nach Geschäftsmodell können es mehrere Lizenzen sein. Zudem entscheide das Risikoprofil darüber, ob der Antrag lediglich online oder nach Konsultation bei der zuständigen Behörde gestellt werden kann.

Rasche und unbürokratische Gründung

Bis das Unternehmen gegründet ist, dauert es – wenn alle erforderlichen Unterlagen vorliegen, was je nach Investor einige Monate dauern kann – vor Ort zwei bis drei Wochen. Ein lokales Bankkonto einzurichten, ist binnen zwei Wochen erledigt; bei internationalen Banken hingegen dauern die KYC-Prozesse länger. „Wenn der Notar dann die Gründungsdaten in die Online-Maske eingegeben hat, ist das Unternehmen bereits am nächsten Tag registriert und es wird zugleich automatisch einer Steuernummer erteilt“, erläutert der deutsche Anwalt Philipp Kersting den Prozess. Jede PT PMA hat eine Geschäftsführung (Board of Directors) und einen Aufsichtsrat (Board of Commissioners), ein Relikt aus den Kolonialzeiten der Niederländer. Zudem sind mindestens zwei Gesellschafter erforderlich, die aber nicht in Indonesien ansässig sein müssen. „Mindestens ein Direktor muss in Indonesien steuerlich registriert sein, wozu mitunter auch lokale Dienstleister eingesetzt werden“, so Kersting.

Geduld und ernsthaftes Interesse erforderlich

Wer in Indonesien ein Geschäft aufbaut, braucht einen langen Atem: „Man sollte sich ausreichend Zeit nehmen, wenn man hier erfolgreich sein will“, betont Kersting. „Man muss mittel- bis langfristig denken und das heißt fünf bis zehn Jahre“, bestätigt auch Ruppel. Was für familiengeführte Mittelständler durchaus üblich ist, kann für kapitalmarktorientierte Konzerne hingegen eine Hemmschuh sein. Eine sorgfältige Marktanalyse und der Aufbau lokaler Kontakte über Handelskammern seien zweckmäßig, so Ruppel. Dafür stehen passende Visa bereit, um bis zu 60 Tage ohne Arbeitserlaubnis vor Ort zu sondieren. Es brauche ernsthaftes Interesse und finanzielle Ressourcen. Denn aus der Ferne vom Schreibtisch lasse sich der Markteintritt in Indonesien keinesfalls realisieren.

Board Journal – 16. März 2025

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